Wo bekomme ich Unterstützung und Rat, wenn ich als (Opfer-)Zeuge vor Gericht aussagen muss? Im Zeugenbetreuungszimmer in Bremen und Bremerhaven. Hier leisten unsere Zeugenbetreuer*innen wertvolle ehrenamtliche Arbeit. Im zweiten Teil der Vorstellung unseres Landesverbands geben wir einen Einblick in die Arbeit des Zeugenbetreuungszimmers Bremerhaven.
Im Jahr 1998 wurde das Zeugenschutzgesetz durch den Gesetzgeber beschlossen, es wurde festgelegt, dass sensible Zeugen, also kindliche Zeugen oder Zeugen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, einen besonderen, sensiblen Umgang benötigen. Daraufhin wurden Zeugenbetreuungszimmer eingerichtet. Im Land Bremen unterhält der WEISSE RING die ZBZ, die wochentags besetzt sind. ZBZs vom WEISSEN RING gibt es in Deutschland nur im Landesverband Bremen. Wir sind persönlich und telefonisch erreichbar. Benötigen Zeugen vor oder während einer Gerichtsvorladung Hilfe, melden sie sich in der Regel zunächst telefonisch. Es kommen auch Zeugen kurz vor der Verhandlung spontan vorbei. Die erste Frage ist oft: Muss ich aussagen? Ich habe doch gar nichts gesehen bzw. ich weiß gar nichts mehr, das ist schon so lange her… Dass wir dann den Zeugen ein bisschen Sicherheit geben und erklären, was deren Aufgaben sind, wie eine Gerichtsverhandlung abläuft und was sie erwartet, das leisten wir hier in unserem ZBZ. Nach der Verhandlung besteht oft der Wunsch sich noch einmal auszutauschen und ggf. kurz zur Ruhe zu kommen. Wir haben hier in Bremerhaven ein sehr wohnlich eingerichtetes Zeugenbetreuungszimmer, auch mit einer Spielecke für Kinder. Wir sind für die Zeugen auf der persönlichen Ebene unterwegs, hören zu und vermitteln Zuversicht.
Ich bin Doris Meyer und wie die meisten bei uns im Zeugenbetreuungszimmer (ZBZ) in Bremerhaven bin ich nicht mehr berufstätig. In Bremerhaven ist das ZBZ vormittags besetzt, daher ist es für nicht Berufstätige leichter sich in unseren Dienstplan zu integrieren. In Bremen ist die Erreichbarkeit etwas länger, da dort Amts- und Landgericht betreut werden. Ich mache die Arbeit im ZBZ jetzt schon seit 2013, bin aber schon früher in den WEISSEN RING eingetreten. Durch meine ehemalige berufliche Tätigkeit kenne ich viele soziale Netzwerke und ich hatte immer mit Menschen zu tun. Mir ist es einfach wichtig, dass man auch etwas für die Gesellschaft leistet. Die Zeit habe ich, die Arbeit beim WEISSEN RING ist sinnvoll, wir können gute Hilfestellung geben und erleben wie dankbar die Zeugen dafür sind.
Mit der Zeugenladung erhalten die Zeugen ein Formblatt für den Arbeitgeber auf dem der Verdienstausfall bescheinigt werden kann. Denn Zeugen steht eine Entschädigung zu, wenn Sie der Arbeit wegen einer Zeugenaussage fern bleiben. Auf dieser Zeugenladung sind unsere Kontaktdaten und die Besetzungszeiten des Büros vermerkt. Es melden sich die Zeugen telefonisch bei uns und wir können in der Regel manche Fragen schon vorab beantworten. Häufig vereinbaren wir einen Termin, für ein persönliches Gespräch. Wir erklären die Abläufe und es besteht die Möglichkeit einen Gerichtssaal zu zeigen. Das nimmt den Zeugen dann schon ganz viele Ängste, weil die Unsicherheit viel größer ist bei Abläufen, die unbekannt sind. Wenn die Zeugen es wünschen, dass wir bei Gericht auch dabei sind, können wir uns im Gerichtssaal auch neben die Zeugen setzen und als Sichtschutz agieren zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen. Jetzt in Corona-Zeiten können wir nur im Zuschauerraum Platznehmen, aber wir sind trotzdem da und geben mentale Unterstützung. Die Zeugen spüren da ist jemand der glaubt mir und stärkt mich. Für das Gericht ist das von Vorteil, da ein stabiler Zeuge eine erhöhte Aussagefähigkeit hat.
Die Mitarbeiter*innen des ZBZ Bremerhaven kommen alle aus unterschiedlichen Berufen, aus der Verwaltung, dem Sozialwesen, Handwerk oder dem Öffentlichen Dienst. Wer immer bei uns gerne mitmachen möchte ist willkommen. Man benötigt für die Mitarbeit bei uns im Zeugenbetreuungszimmer auch keine besonderen Vorkenntnisse, da der WR uns in Seminaren schult und auch durch Hospitation darauf vorbereitet, wie wir mit Zeugen umgehen. Was allerdings ganz wichtig ist, ist, dass man viel Empathie mitbringt, dass man zuhören kann und sich selbst zurück nimmt. Wir sind ein sehr nettes Team von zurzeit neun weiblichen und drei männlichen Mitarbeiter*innen. Alle bringen viel Engagement und Einsatzfreude mit. Wir helfen den Zeugen und uns untereinander im Sinne einer guten Beratung und der durchgängigen Besetzung des ZBZ.
Für mich als Leiterin des ZBZ ist das Erstellen der Dienstpläne wichtig, damit auch jeder Wochentag abgedeckt ist. Gerichtsverhandlungen außerhalb unserer Bürozeit müssen personell organisiert werden. Ich trage Sorge dafür, dass Informationen und Anfragen aus dem Landesbüro und der Bundesgeschäftsstelle an alle weitergeleitet und ggf. beantwortet werden und bin für Organisatorisches zuständig, zum Beispiel Fahrtkostenabrechnung.
Das gesamte Team unterstützt neben der Zeugenbetreuung auch bei der Öffentlichkeitsarbeit – immer in Absprache mit dem Landesbüro. Wenn zum Beispiel Bedarf bei einer Standbesetzung ist, dann sind wir dabei. Wann immer sich die Gelegenheit bietet das ZBZ bekannt zu machen, bringen wir uns ein. Ansonsten schauen wir, dass das Zimmer hier immer ordentlich ist und alles Benötigte auch vorhanden. Wir machen einige Eingaben im PC, und Recherchen zu Anfragen, Anlaufstellen, usw. Rechtsberatung machen wir nicht. Dann haben wir jemanden, der für unsere Ablage zuständig ist und auch prüft, ob unsere Flyer und Broschüren immer auf dem neuesten Stand sind. Jede*r macht, was gerade so anfällt. Einmal im Monat ist Teamsitzung, bei der wir uns dann auch darüber austauschen, was los war, ob es neue Fälle gibt, was anders im Gericht läuft.
Ich bin der Meinung, dass die Gesellschaft gar nicht funktionieren kann, wenn es nicht immer wieder Menschen gibt, die mehr tun. Menschen, die von sich aus etwas tun oder die helfen. Wenn ich jetzt beispielsweise an die vielen Flüchtlinge denke, die gekommen sind, die hätten gar nicht betreut werden können, wenn nicht so viele Menschen gesagt hätten: Ja, da wollen wir helfen. Wenn wir das alles nicht hätten, also wenn ich mir vorstelle, es gäbe überhaupt keine Menschen, die ehrenamtlich unterwegs sind, ich glaube dann wären wir ganz schön arm dran. Es gibt so viele Bereiche, die ohne ehrenamtliches Engagement nicht funktionieren würden, Sportvereine, freiwillige Feuerwehr, die Tafeln, je länger ich darüber nachdenke, desto mehr fällt mir ein.
Dieses Interview wurde von Nicola Peters (Mitarbeiterin der Junge Gruppe und Ansprechpartnerin für Öffentlichkeitsarbeit) geführt.