Foto: WEISSER RING e.V.
Im September und Oktober 2022 feierten die Mitarbeiter*innen des Landesverbands Bremen mit Kooperationspartnern das 20jährige Bestehen der Zeugenbetreuungszimmer, mit Sitz am Landgericht Bremen und Amtsgericht Bremerhaven.
In ihrem Grußwort anlässlich dieses Jubiläums vermittelte die Landgerichtspräsidentin Frau Dr. Karin Goldmann eine Führung des Landgerichtsgebäudes durch den Pressesprecher des Landgerichts Bremen Herrn Dr. Thorsten Prange.
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Diese Führung durch das Gerichtsgebäude und der Staatsanwaltschaft fand am 17. August 2023 statt. Herr Dr. Prange nahm sich viel Zeit für diese Führung und stellte uns das Gebäude in eindrucksvoller Weise vor.
Dieses „Denkmal“ wurde in den Jahren 1891–1895 und 1902-1906 nach den Entwürfen von Klingenberg und Weber in romantisch-mittelalterlichen und Renaissance - Formen erbaut. Mehrere Straßenzüge mussten in der damals engen Altstadt dafür abgerissen werden. Im zweiten Weltkrieg blieb das Gebäude wie durch ein Wunder nahezu unversehrt. Heute ist der Komplex mit der angrenzenden Staatsanwaltschaft eines der am besten erhaltenen historischen Gerichtsgebäude in Deutschland. Das unter Denkmalschutz stehende sogenannte „Alte Gerichtshaus“ an der Domsheide 16 ist auch das architektonisch und allegorisch auffälligste Gerichtsgebäude in Bremen. Dem Zeitgeist des Historismus geschuldet, ist die Fassade des Gebäudes reich an dekorativem Schmuck und mit zahlreichen Allegorien versehen.
Architektonisch gleicht der Bau einer Burg, mit Türmen an allen Ecken und einem Innenhof. 1895 spielte Religion im Leben der Menschen eine viel größere Rolle als heute – das zeigt sich auch am Gebäude des Landgerichts. Schon auf der Fassade begrüßen den Besucher die zehn Gebote. Man bezeichnet das auch als sprechende Architektur, es gibt keinen Aufforderungscharakter das Gebäude zu betreten. Es verschafft sich in erster Linie Respekt. Das zur Staatsanwaltschaft umgebaute ehemalige Untersuchungsgefängnis beherbergt einen restaurierten ehemaligen Betsaal.
Höhepunkt des Gerichtsgebäudes ist der prunkvolle Schwurgerichtssaal mit seinen rund zehn Meter hohen Decken und kann Zeugen oder Angeklagte einschüchtern. Das war durchaus so gewollt. Die Plätze sind so positioniert, dass die Angeklagten ins Licht schauen, die Staatsanwälte dagegen das Licht im Rücken haben. Und die Richter sitzen erhöht. Heute würde man ein Gerichtsgebäude ganz anders bauen. Denn die Justiz in der Demokratie soll transparent sein, nicht Macht demonstrieren. Im Schwurgerichtssaal blicken die Angeklagten hinter den Richterplätzen auf Holzschnitzarbeiten der sieben Todsünden. Wer hier sitzt, weil er sich zu sehr der Wut oder Habgier hingegeben hat, kann auf der anderen Seite auf den rechten Pfad zurückfinden. Da sind die sieben Tugenden abgebildet: „Glaube, Liebe, Hoffnung,Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung“.
Ein besonderer Zeitzeuge im Schwurgerichtssaal ist ein Nagel, der an die dunklen Stunden der NS-Zeit erinnert. An diesem hing das Bild des Diktators des Deutschen Reiches. Im Sinne einer Mahnung für die Zukunft erinnert das Landgericht regelmäßig mit öffentlichen Gedenkveranstaltungen und Vorträgen an dieses schlimme Kapitel der Bremer Justiz.
Nach einer rund zweistündigen sehr kundigen und beeindruckenden Führung durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, Herrn Dr. Thorsten Prange bedankten die Teilnehmer*innen sich ganz herzlich.
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